Samstag, 6. August 2016

SEINSORIENTIERTE KÖRPERERFAHRUNG (103): Körpertherapie und Körpererfahrung

Foto: pixabay

Halt“ ist also weitaus mehr als ein mechanischer Akt. Zuwendung und Präsenz für den Anderen, Einstimmung auf sein seelisch-energetisches Sein, Gefühlsanklang, Mitfühlen und Mitschwingen sind diejenigen Eigenschaften, die dasjenige Phänomen differenziert beschreiben, was man gemeinhin als „Kontakt“ bezeichnet.
Darüber hinaus konnten wir erfahren, dass sich mütterliche und väterliche Elemente und Aspekte im Kontakt zeigen. All das, was wir für die frühkindliche Entwicklung und die Objektbeziehungen des Kindes ausgeführt haben, spiegelt sich in der Praxis der seinsorientierten Körpererfahrung.
Wir sprechen hier von „Erfahrung“, weil dieser Begriff auf eine andere Perspektive verweist als der traditionelle Begriff „Therapie“. Letzterer entstammt einer medizinischen Tradition, in der der Therapeut alles und der Patient nichts macht. Es findet sich hier nicht nur ein ausgeprägtes und narzisstisches Machtgefälle („der Therapeut ist allwissende der Techniker, der an mir herum schraubt und der Patient muss das nur erdulden, dann alles wird gut“), sondern auch ein mechanistisches Verständnis von Heilung.
Demgegenüber positioniert sich der Begriff „Körpererfahrung“ auf eine subjektive Erfahrungswelt. „Körpererfahrung“ repräsentiert ein Bouquet von Angeboten an die Klienten, mit deren Hilfe Korrekturen der „falschen“, d.h. der defizitären, traumatischen, verstörenden Erfahrungen der eigenen Kindheit möglich werden.
Dies geschieht auf einer energetischen und symbolischen Ebene. „Energetische Ebene“ bedeutet, dass reale und wahrhaftige Erfahrungen auf der bio-emotionalen Ebene greifen, also Erfahrungen, die sich so anfühlen und so erlebt werden wie die prägenden Erfahrungen der Kindheit. „Symbolische Ebene“ bedeutet, dass der seinsorientierte Körpertherapeut natürlich nicht der reale Vater oder die reale Mutter ist, die diese Erfahrungen vermittelt und das Ganze in einem symbolischen Raum stattfindet, der u. a. regressive und kognitive Elemente benutzt, um diese transformierenden Erfahrungen zu ermöglichen.
Da die pränatalen, perinatalen und frühkindlichen Erfahrungen jedoch die ersten Erfahrungen sind, die ein Mensch im Leben macht, sind hier nach unserer Auffassung auch die Wurzeln, die am tiefsten in den Boden der Seinsgestalt eines Menschen reichen. Diese Wurzeln sind vorsprachlich. Diese Wurzeln führen uns in eine Phase der menschlichen Entwicklung, in der das analytische Denken, das alle späteren Entwicklungsphasen bestimmt, noch nicht in Funktion getreten ist. Deshalb ist es naheliegend, dass der Zugang zu diesen Wurzeln auf der vorsprachlichen und bio-emotionalen Ebene liegt, auf der Ebene der Körpererfahrung.

(Fortsetzung folgt)

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