Samstag, 5. März 2011

DIE METAPHYSISCHE SEHNSUCHT UND DER FREIHERR

Obwohl es eigentlich wenig mit den zentralen Themen dieses Blogs zu tun hat, kann ich nicht umhin, noch mal ein kleines Bisschen meines Senfs der erregten Debatte um unsere kürzlich zurückgetretene politische Lichtgestalt zuzufügen.
Allein ausgehend von der Präsenz des Themas im Internet werden hier zwei gegenläufige Trends sichtbar:
  • Die eine Tendenz, die sich empört und engagiert hat, richtig mit Arbeit, nämlich die fragliche Dissertation einer genauen Prüfung zu unterziehen. Denen sei an dieser Stelle mein Dank ausgesprochen, denn diese Leute haben daran gearbeitet, fleißig und konkret, die Propaganda auf den Boden der Fakten zu befördern. Diese Leute haben dafür gekämpft und es mit wissenschaftlicher Akribie verstanden, die Ehre der Wissenschaft zu retten.
  • Die andere Tendenz, engagiert und mit großem Zulauf im Internet, sind diejenigen, die in Karl-Theodor zu Guttenberg nach wie vor den Hoffnungsträger sehen und auch nach seinem Rücktritt lautstark die Ungerechtigkeit der Welt beklagen, dass diese Lichtgestalt der Politik für einige Zeit nun in der Versenkung verschwinden muss.
Das Ganze gleicht schon zwei Lagern, geistigen Bürgerkriegsparteien, die sich unversöhnlich gegenüber stehen. Der Freiherr scheint zur Glaubensfrage geworden zu sein. Um welchen Glauben geht es hier?
Um den Glauben an das Licht, an Lichtgestalten, an Reinheit, an edle Ethik … in dieser geistig dunklen Zeit drückt dies vielleicht die verborgene spirituelle Sehnsucht vieler Menschen aus – bei den einen geht es darum, das Licht, die edle Ethik der Wissenschaft zu bewahren oder wiederherzustellen, ihre Glaubwürdigkeit zu schützen. Bei den anderen gilt das gleiche für den Bereich der Politik, auch sie wollen glauben, dass es Licht, edle Ethik und Lichtgestalten geben kann in diesem Haifischbecken.
Die Wahrheit ist: es gibt weder Licht noch edle Freiherrn, weder in der Wissenschaft noch in der Politik. Aber die spirituelle Verarmung unserer Kultur lässt die metaphysische Sehnsucht der Menschen auf ganz eigenartigen Spielfelder erscheinen.

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