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Auf diesem Hintergrundszenarium entwickelte sich die Idee, eine den Bedingungen der DDR angepasste körpertherapeutische Ausbildung zu organisieren. Sie sollte den Interessenten das notwendige Handwerkszeug vermitteln, perspektivisch die problematische Rolle des »West-Reisekaders« überwinden helfen und langfristig dazu führen, dass es in der DDR unabhängige körpertherapeutische Ausbildungsangebote geben konnte.
Da keine Chance bestand, Trainer aus dem Westen zu ihren gewohnten Honorarsätzen zu bezahlen, musste dieses Projekt auf freiwilliger, ehrenamtlicher und ökonomisch-symbolischer Ebene organisiert werden. Also hörte ich mich in Kollegenkreisen um, wer unter diesen Voraussetzungen bereit sein könnte, quasi kostenlos sporadisch in der DDR als Ausbilder zu arbeiten. Meine Idee fand eine erstaunlich großherzige Resonanz.
Ich koordinierte, insbesondere aus dem Kreis des Ströme-Zentrums, das durch seine personelle Zusammensetzung ja bereits einen schulenübergreifenden Ansatz vertrat, ein Trainerteam unterschiedlicher körpertherapeutischer Schulen, dem u. a. Rob Bennett (Biodynamik-Trainer), Herwig Geister (Vegeto- und Skan-Therapeut), Charlotte Schuster und Heike Buhl (beide Radix) und meine Person angehörten. Als Gasttrainer, die 1–2 Mal in die DDR fuhren, traten damals u. a. Will Davis, Eva Reich und David Boadella in Erscheinung.
Die erste körpertherapeutische DDR-Trainingsgruppe begann ihre Arbeit 1986 und fand 1989 ihren Abschluss, fast zeitgleich mit dem Mauerfall im November 1989. Mit einem mehrtägigen rauschenden Fest in den Räumen des Ströme-Zentrums feierten wir die Wiedervereinigung Deutschlands auf energetische Weise.
Dieses aus der Not geborene Trainingsprogramm zeigte im Nachhinein betrachtet einige Schwächen. Insbesondere die fehlende Selbsterfahrung der Teilnehmer, die nicht geleistet werden konnte, führte dazu, dass die Lernprozesse kopflastig und abstrakt anmuteten. Charaktermuster und Widerstände blieben zwangsläufig unbearbeitet. Zudem wies die Gruppendynamik für uns Westler einige spezifische Fallstricke auf, die sich spätestens dann nahezu gespenstig in Szene setzen, als ein Gruppenteilnehmer bezichtigt wurde, Stasi-Spitzel zu sein.
Auf der anderen Seite verdeutlichten die Erfahrungen dieses schulenübergreifenden Körpertherapie-Trainings:
• Ein integratives Trainingsprogramm realisiert sich, indem Gemeinsames und nicht Trennendes im Fokus der Aufmerksamkeit steht.
• Für die Trainees erweist es sich als didaktisch wertvoll, da übereinstimmende Wurzeln und Essenz leichter erkennbar werden.
• Für die Praxis bedeutet es eine Bereicherung, da in einem schulenübergreifenden Training ein breit gefächertes Handwerkszeug und praktische Herangehensweisen aus verschiedenen Traditionslinien vermittelt werden.
• Jeder Therapeut und jede therapeutische Schule besitzt ihre Stärken und Schwächen, ihre Licht- und Schattenseiten. Ein integratives Modell ermöglicht, diese auszugleichen.
• Übertragungsprozesse richten sich nicht mehr auf nur eine Person, den Gründer oder Leiter der jeweiligen Schule, sondern fächern sich auf, was ihren Einfluss verringert.
Auf diese Weise avancierte das aus der Not geborene Modell eines Körpertherapie-Trainings in der DDR zum Vorbild eines integrativen Trainingsprogramms, das 1990 im Westen begann: Das Körpertherapie-Integrativ-Training (KIT), welches ich zusammen mit dem Biodynamiker und Gerda Boyesen-Schüler Rob Bennett und meiner damaligen Frau Paula Diederichs ins Leben rief. Zahlreiche Gasttrainer aus anderen Schulen und Persönlichkeiten wie Myron Sharaf, Eva Reich, Will Davis, Jutta Becker, u. a. konnten wir in unser Programm integrieren. Aus den KIT-Trainings trat über ca. 15 Jahre manch versierter Körper- und Psychotherapeut hervor.
(Fortsetzung folgt)
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