Donnerstag, 20. Oktober 2016

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (121): Sessions ohne Zeitlimit

Foto: Pixabay

Typischerweise findet sich bei diesen Klienten die Phantasie, dass ihre Sehnsucht nach Halt dermaßen unermesslich ist, dass sie keinerlei Ahnung oder Vorstellung darüber haben, jemals »satt« zu werden, genug davon bekommen zu können.

In solchen Fällen rege ich eine sog. »open-end Haltsession« an. Dabei geht es darum, dem Klienten solange körpertherapeutischen Halt zu geben, bis er das Gefühl »satt« zu sein und »genug« bekommen zu haben körperlich und seelisch erlebt hat. Diese Erfahrung zieht eine umfassende Korrektur des Selbstbildes nach sich, dass ja beeinhaltet hat, "meine Sehnsucht nach Halt ist so unendlich groß, dass sie niemals gestillt werden kann ..."


Dieser Sättigungspunkt in der Haltearbeit geht in der Regel einher mit motorischen Impulsen, z.B. sich zu strecken, aufzustehen oder einfach in die Welt zu gehen. Man könnte es vielleicht mit der Situation vergleichen, wenn man sich nach ausreichendem Schlaf und Ausruhen im Urlaub voller Neugier und Lebenslust der neuen Umgebung zuwendet und dieser mit frischem Blicken begegnen möchte. Ich habe auch erlebt, dass z. B. nach einer längeren Haltearbeit ein Klient den unmittelbaren Drang verspürte, auf eine Party zu gehen oder zum Tanzen. Wie auch immer, wir orientieren uns, was die Dauer der Interventionen angeht, an genau dieser inneren, organismischen Uhr, an der organismischen Wahrheit.

Dabei ist zu beobachten, dass nur wenige Stunden solcher intensiven Körpererfahrung in den verschiedenen Phasen des Prozesses ausreichen, um die entsprechende organismischen Erfahrungen zu verankern.

Die Sitzungen ohne Zeitlimit zeigen sich in der Praxis meist auf 2-4 Stunden beschränkt, bis dieser Sättigungspunkt erreicht ist. So lassen sich typischerweise eine bestimmte Anzahl von Trancezyklen beobachten, die ca. 20-25 Minuten umfassen. 

All diese Erfahrungen zeigen, dass die biologischen Gesetze in der Tiefe des Organismus der Gattungsgeschichte des Menschen und nicht den Prinzipien der bürgerlichen Ökonomie gehorchen.

Das Prinzip der nicht-intentionalen Berührung bildet ein fundamentales Element der seinsorientierten Körpertherapie. Es geht hier nicht um technische Interventionen, nicht darum, mit dem Körper des Klienten irgendetwas zu machen, etwas zu forcieren oder zu invadieren, es geht um die Erfahrung des Seins und die Reorganisierung grundlegender Körper- Seele-Rhythmen und Körper-Seele-Potentiale.

Wir berühren die Körperseele, wie sie ist, nicht, wie sie sein soll. Wie das im einzelnen geschieht, und welche weiteren Prinzipien hier wirken, dem widmen wir nun unsere Aufmerksamkeit.

(Fortsetzung folgt)


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