Michael Smith (1937 – 1989) |
Das Basistraining, das ich zunächst absolvierte, begann 1981 und dauerte 3 Jahre. Dazu traten Einzelsitzungen, die ich bei ihm nahm, wenn er in Berlin weilte. Michael kam einmal im Monat für ein paar Tage in die Hauptstadt. Sein Lebensmittelpunkt wurde Hamburg, wo er allmählich einen großen Kreis von Schülern um sich scharte.
Den Schwerpunkt seines Trainings bildeten Einzelsitzungen, die er vor der Gruppe abhielt. Anschließend erläuterte er sein diagnostisches und therapeutisches Vorgehen und beantwortete die Fragen, die sich uns stellten. Wir saßen fasziniert dabei, schrieben eifrig Notizen in die Notizbücher und staunten Bauklötze.
Klar, wir wollten das Geheimnis seiner Magie ergründen, die sich da eindrücklich zeigte. Michael arbeitete völlig anders, als ich es jemals gesehen habe und wieder sah. Er saß einfach da mit seinem Buddha-Bauch, intervenierte hier und da mit einer Berührung, ein paar wenigen Worten (die tief berührten), einem Blick, einem Lächeln. Alles andere geschah wie von selbst. Tiefe Regressionen, erschütternde Erinnerungen an Traumata der Kindheit, heftigste emotionale Ausbrüche, vieles trat an die Oberfläche, ohne dass der Zusehende eine Technik oder eine logisch nachvollziehbare Interventionsstrategie erkennen konnte. Er »machte« nichts oder nur wenig, und es geschah so viel. Wie passte das zusammen? Was war das Geheimnis?
An der Oberfläche glaubte ich zu verstehen, dass er stark von dem therapeutischen Vorgehen in Reichs letzter Tätigkeitsphase geprägt war, als für Reich nicht mehr die Arbeit mit dem Charakter und den blockierten Emotionen, sondern allein die Verlebendigung des Energieflusses im Vordergrund stand. Ich verstand, dass Michaels eigene Persönlichkeit, wie das bei jedem Therapeuten der Fall sein dürfte, einen wichtigen Anteil an seinem Vorgehen ausmachte.
Er selbst beschrieb seine Arbeit mit folgendem Bild: »Stell dir einen stillen, bewegungslosen Teich vor. Einen Teich voller unbewegter Lebensenergie. Ich mache nichts anderes, als ein Steinchen hinein zu werfen. Was passiert? Es entstehen kleine Wellen, die sich immer weiter ausbreiten und schließlich das Ufer erreichen. Plötzlich ist Bewegung, ist Bewegung überall, im ganzen Teich. Das ist alles.«
Erst viele Jahre später verstand ich auf einer tieferen Ebene, was das Geheimnis ausmachte: Michaels energetische Präsenz und seine Fähigkeit, die Gefühle eines anderen Menschen in sich »anklingen« zu lassen, gehörte ebenso dazu wie die Zuwendung, das In-Beziehung-Treten vom Herzen her, jenseits jeder Attitüde des narzisstischen Egos.
Michael Smith verdanke ich es, dass ich das das Prinzip des »Gefühlsanklangs« (siehe Buch II) und der Herzenergie entdecken konnte, von dem noch die Rede sein wird. Von Michael lernte ich, was Kontakt im energetischen Sinne bedeutet, wie wesentlich er in der körpertherapeutischen Arbeit ist: Kontakt spiegelt Liebe, lebendige Herzenergie, Bindung und Verbindung. Wo sie fließen, zusammenfließen, geschieht Transformation.
(Fortsetzung folgt)
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