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Im Wesentlichen, und das gilt für jeden Transformationsprozess, steht die Überwindung all jener Starrheiten und narzisstischen Ego-Programme im Fokus, die den Fluss der Liebe und der Hingabe im und an das Leben vereiteln oder verhindern.
Irritationen, Widerstände und Abwehrimpulse, die diesem Zusammenhang entstammen, werden in einer haltgebenden und authentischen Beziehung umgehend sichtbar und lassen sich dialogisch durch physischen Halt und verbaler Arbeit entthronen. So wie das narzisstische Ego das Licht der Liebe in der Finsternis seiner Schatten ersticken kann, so kann das authentische Licht der Liebe diese wieder erhellen.
Der organisatorische Rahmen, in dem ein Transformationsprozess stattfindet, bildet ein Element väterlichen Halts und soll hier nicht unerwähnt bleiben.
Hier subsumiere ich Regeln, die nicht jedem Klienten von Anbeginn an zur Verfügung stehen, z. B. Pünktlichkeit, rechtzeitige Absage in Notfällen, Akzeptanz der vorgegebenen Zeitstruktur (es sein denn, der Therapeut löst sie bewusst auf), Verbindlichkeit und Klarheit im organisatorischen Umfeld. Auf welche Ideen manche Klienten kommen, möge folgende Fallvignette erläutern.
Vor vielen Jahren begegnete mir ein Klient, der am Ende seiner ersten Sitzung, als es um die Bezahlung ging, seufzend einen kleinen Sisalbeutel aus dem Rucksack zog, in dem er lauter Münzen gesammelt hatte. Er erklärte mir, dass er in den letzten Tagen in der U-Bahn Musik gemacht hätte, um diese Einzelsitzung bei mir zu bezahlen.
In diesem Verhaltensmuster dürfte leicht erkennbar sein, was die unbewusste Botschaft dieser Inszenierung ist. Eigentlich wollte er mir sagen: »Ich bin so besonders, so einzigartig, dass ich die Therapie im Grunde bei dir kostenlos bekommen sollte. Niemand erkennt diese Besonderheit meiner Person. Ich muss ich mir die Mühe machen und in der U-Bahn betteln. Das ist ein schweres Opfer! Aber die Art und Weise, mit der ich bezahle, zeigt deutlich, wie einzigartig ich bin!«
Dass sich hier schlecht kaschierte Aggressionen und ein subtiles Machtspiel verbergen, liegt ebenso auf der Hand, wie die Tatsache, dass es sich um ein ausgesprochen grandioses Ego handelt, dem wir dabei begegnen.
Psychoanalytiker nennen derartige Verhaltensmuster im organisatorischen Umfeld »Agieren« und betrachten es als wertvolles Material für die therapeutische Arbeit. In diesem Details des Agierens findet sich somit ein eindrucksvoller Reichtum an Themen, die viele Stunden lang mit den Methoden der seinsorientierten Transformation bearbeitet werden können.
In den Regeln des väterlichen Haltesystems ist vor allem eine Botschaft enthalten: Der Therapeut ist der Kapitän auf dieser Reise, der den Kurs vorgibt. Diese klare Struktur auf dem Schiff der Transformation mag autoritär erscheinen. Ist sie nicht gleichzeitig eine Widerspiegelung von Sicherheit und Halt, derer es bedarf, wenn man sich auf die Reise in unbekannte Ländern macht?
(Fortsetzung folgt)
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