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Dazu passt Lyrik gar nicht, oder?
Poesie verlangt Aufmerksamkeit. Um ihr zu begegnen, bedarf es der Konzentration, der Achtsamkeit, sie verlangsamt Gerichtetsein: nicht das periphere Vorbeihuschen, das Erfassen von möglichst vielen Informationen in optimal kurzer Zeit ist hier gefordert, sondern die Kontemplation, die Versenkung, die Achtsamkeit für Worte oder einen einzigen Satz.
Poesie fordert Denk- und Assoziationsfähigkeiten heraus, spricht beührbare Dimensionen der Seele an und vor allem: den Kontakt dieser Persönlichkeitsfundamente, die Verbindung von Herz/Intuition/Gefühl und Verstand/Wissen/bewusster Erfahrung.
Poesie ruft nach der Stille – die Stille um uns und die Stille in uns, denn nur in der Stille wird Resonanz der leisen Töne hörbar. Das steht im Gegensatz zum Lärm unserer Zeit.
Poesie ist die kleine Schwester der Phantasie, der Utopie, der Transzendenz der Realität, sie dringt über das hinaus, was ist, sie sucht nach Antworten aus den Tiefen der Inspiration, des intuitiven Wissens, dessen Spielräume und Rathäuser in dieser Welt seltener werden.
Sicher ließen sich manche andere Aspekte hier nennen, die allesamt belegen, wie peinlich, wie vorsintflutlich Poesie in diesen atemlos-modernen Zeiten ist, ein ständiger Quell des Fremdschämens.
Ist das alles, was dazu zu sagen ist?
Nein. Es gibt ja bei dieser Bestandsaufnahme Elemente, die das Gesagte in ein anderes Licht tauchen.
Beginnen wir mit der optimistischen Feststellung, dass den Menschen etwas mehr ausmacht als perfekte Entsorgungsautomaten für das weltweite Netzwerk der Geschwätzigkeit oder die postmoderne massenmediale Geistentleerung zu sein: Lebewesen mit Gefühl und Verstand, mit Phantasie und spielerischer Neugierde. Kinder, denen suggeriert wurde, dass Erwachsensein heißt, diese Persönlichkeitselemente in sich zu ersticken. Der Zeitgeist drängt darauf, dass solche menschlichen Eigenschaften in der Inflation der Wörter sang- und klanglos untergehen oder werbepsychologisch instrumentalisiert werden. Die Gattung Mensch steht so im Begriff, in der Sintflut der Wörter und Informationen zur Sprachlosigkeit verdammt zu sein: Das nenne ich die »große Wortklimakatastrophe«.
Hier noch der Link zu meinem Lyrik-Blogg "Eintagsliebe"
(Fortsetzung folgt)
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