Montag, 29. Juni 2015

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (3)




Auch das von Pearsall im obigen Zitat benannte Element einer „feinstofflichen Energie“ knüpft letztlich an Reich und seinen Orgon-Begriff an. Dieser ist Pearsall offenbar nur unzureichend bekannt. Der Traditionslinie der auf Reich basierenden modernen Körpertherapien ist die Vorstellung einer zellulären Erinnerungsfähigkeit durchaus vertraut und ist tausendfach in der Praxis bestätigt worden. Das neue Element, das hier eingeführt wird, fndet sich in der These, dass es das menschliche Herz ist, welches die Matrix, den Code dieser lebensenergetischen individuellen Basisinformation enthält. Pearsall spezifiziert diese Vorstellung folgendermaßen:

„Jede Zelle ist buchstäblich ein energiegeladenes Miniaturherz, in dem es summt wie in einem Bienenstock. Die ultimative bio-medizinische Selbsttäuschung wäre die Überzeugung, dass der Körper lediglich aus fester Materie und flüssigen Substanzen besteht, durch den Körper gepumpt von einem Herzen ohne Bewusstsein, und einem machtvollen, bewussten Gehirn, das mehr oder weniger die alleinige Kontrolle über das gesamte System besitzt. Die Energiekardiologie betont gleichwohl, dass nicht das Gehirn, sondern das Herz dieses System durch eine Form der spirituellen Info-Energie zusammenhält: ein zeitweiliges, sich fortwährend wandelndes Zellgedächtnis, das wir als »Selbst« bezeichnen. Dieses ‚Selbst’ ist die dynamische Gestalt von Informationen, verschlüsselt in einem Code, der unsere Seele repräsentiert..“ [Pearsall 1999, S. 180 f.]

Bemerkenswert an diesen Ausführungen ist vor allem der Versuch Pearsalls, den Begriff des Selbst organismisch  zu erfassen: Das Selbst als individueller Herzcode, als einzigartige individuelle und dynamische Gestalt von Informationen, die unser Leben und Seelenleben bestimmt.
Dieser Selbstbegriff verfügt über die besondere Eigenschaft einer ontologischen Substanz, sofern sie das Leben des einzelnen Menschen betrifft. Das Selbst wird geboren und das Selbst erhält sich gleichermaßen als Konstante. Das Selbst bleibt vom ersten bis zum letzten Herzschlag der individuelle Seinskern, das Wesen des Menschen, unabhängig davon, was auch immer er an Anstrengungen unternimmt, dieser Tatsache zu entfliehen oder von ihr abzulenken.

Das Selbst besitzt, unabhängig von seinen Eigenschaften wie Dynamik, Wachstum, Entwicklung eine Konstanz, die sowohl in seiner organismischen Realität als in ihrer mehr oder weniger individuellen Wahrnehmung begründet liegt. Gelingt es, zu dieser Konstanz der in uns wirkenden Lebensenergie eine – bejahende – Beziehung zu entwickeln, dann treten wir in Kontakt mit jenen Tiefen unserer Existenz, welche wir als Seinsebene bezeichnen können. Eine Ebene, die sich häufig im Nebel einer  am Machen orientierten Kultur verliert und den Menschen damit von den Wurzeln seines Selbst und den in ihn ihm existierenden Potentialen entfernt oder abschottet.

(Fortsetzung folgt)

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