Sonntag, 5. Dezember 2021

 Wege zur Hingabe des Herzens:

Das Elysium aus Leib und Seele singen

Annäherungen an das Phänomen
Diana Ankudinova (1)

 

Vor einiger Zeit stieß ich im Netz auf eine junge russische Sängerin, die etwas tief in mir berührte. Ihr Name: Diana Ankudinova. Im Portal YouTube finden sich ungefähr ein Dutzend Video-Clips, die Cover-Versionen in englischer oder französischer Sprache oder russische Lieder von ihr vorstellen. Einige ihrer erfolgreichsten Interpretationen, wie z. B. »Wicked Game« von Chris Isaak oder »Derniere Danse« von Indila, präsentierte sie bereits mit 15 oder 16 Jahren. Heute, 2021, ist Diana Ankudinova 18 Jahre alt.

Die englische Version von Wikipedia stellt biografische Hintergründe zu Verfügung. Diana wurde offenbar durch ihre leibliche Mutter missbraucht und schwer traumatisiert, lebte daran anschließend in einem Waisenhaus. Mit ca. 4 Jahren kam sie per Adoption in eine liebevolle Familie, wo sie von da an aufwuchs. Details sind in Wikipedia nachlesbar. Eines erscheint mir naheliegend: Das Singen, das sie mit 4 ½ Jahren begann, könnte ein Stück Selbstheilung ihrer geschundenen Seele widerspiegeln. Die frühen Traumata und die Geborgenheit in einer liebevollen Adoptivfamilie könnten die emotionale Präsenz erklären, die Zuhörer und Zuschauerin bei ihren Auftritten in den Bann zieht.

Ich war vom ersten Augenblick an fasziniert. Die Wirkungen, die ihr Gesang auslöste, waren von ungewöhnlicher Intensität: Wenn ich einen ihrer Videoclips anschaute, trieb es mir Tränen tiefen Berührtseins in die Augen. Ich kannte nur 2–3 Gesangskünstler, bei denen ich punktuell vergleichbare emotionale Reaktionen erfahren hatte: Beim Opern-Tenor Luciano Pavarotti oder bei einigen Auftritten der belgischen Sängerin Lara Fabian. Doch diese stellte Diana Ankudinova in meinem subjektiven Empfinden deutlich in den Schatten. Was hatte es mit dieser Magie auf sich?

Exemplarisch für die nachfolgenden Betrachtungen soll ihre Interpretation des bekannten Elvis Presley Songs »Can’t Help Falling in Love« (siehe Videolink oben). Den Song stellte Diana Ankudinova innerhalb eines russischen Talentwettbewerbs vor, bei dem die Jury gleichzeitig Teilnehmer des Wettbewerbs sind. Während der Vorführung schwenkt die Kamera mehrmals in ihre Gesichter. Hier zeigen sich 3 typische Reaktionen auf Ankudinovas Gesang, die ich im Folgenden genauer betrachten werde:

  • Ein weibliches Jurymitglied dreht sich verblüfft zu den anderen hin, eine Geste, die den Anschein erstaunter Selbstvergewisserung symbolisiert. Dieselbe Frau fasst sich nach Beendigung der Vorstellung mit beiden Händen an den Kopf, was ich als eine Reaktion des Überwältigtseins und der Ratlosigkeit deute.
  • Ein männliches Jurymitglied erhebt sich von seinem Platz, hebt die Hände und nimmt eine betende Geste ein.
  • Ein weiteres männliches Jurymitglied starrt völlig weggetreten, in tiefer Trance, vor sich hin.

Wohlgemerkt, es handelt sich hier um Reaktionen von professionellen Sängerinnen und Sängern, die gleichzeitig Konkurrenten innerhalb dieses Wettbewerbs waren (den Diana Ankudinova am Ende auch gewann).

Ihre Interpretation dieses Elvis-Presley-Songs präsentierte Diana im September 2021. Es handelt sich also um das erste Video, in der sie nach der Corona-Krise eine neue Coverversion vorgestellte und das innerhalb weniger Tage viral auf Youtube ging. Durch die textliche Verkürzung, die Tonlage, den Rhythmus und Dramaturgie ändert sich der Charakter des ursprünglichen romantischen Liebeslieds »Can’t Help Falling in Love« in den einer Inszenierung, die das ganze Spektrum vom lauen Lüftchen bis zu einem Orkan atemloser emotionaler Intensität umfasst.

(Fortsetzung folgt)

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