Dienstag, 29. März 2011

GANZ GROSSE KAFFEEHAUSLITERATUR

Eine ganz bezaubernde Miniatur von meiner Wiener Lieblingsbloggerin Anna  aus dem Wunderland verbindet Tradition und Moderne auf wunderländliche Weise. 
Zitat: "sie sieht ihm über den rand ihrer kaffeetasse in die augen und erklärt ihm trocken und ohne mit der wimper zu zucken, dass das ganze für sie eine rein erotische affäre sei."
Auf einer Zeitreise 100 Jahre zurück wären die Sprecher vielleicht andere gewesen, aber die Worte identisch. So freuen wir uns über moderne Zeiten in den heiligen Hallen des Café Central. Viel Spaß bei der Lektüre!  

Samstag, 26. März 2011

LIEBER GESUND ALS KREBSKRANK MIT BILLIGSTROM!

Wie man den Medien entnehmen konnte, haben heute die größten Demonstrationen gegen die Atomkraft in der Geschichte der Bundesrepublik stattgefunden. Es wäre ja auch ein Armutszeugnis, wenn das nicht so wäre.
Denn bringen wir es auf den Punkt, dann polarisieren sich in den Reaktionen auf das Atomdesaster in Japan zwei grundlegend unterschiedliche Haltungen:
  • Die Haltung des wissenschaftsgläubigen Rationalisten, der sich allein vom Verstand und der Ratio leiten lässt und dem alles Emotionale bedrohlich erscheint, insbesondere Gefühle wie Angst bekämpft er erfolgreich mit zwanghafter Rationalität. Deshalb ist er nach wie vor von den Heilsversprechen der Technologie überzeugt ist und auch die Ereignisse in Fukushima versteht er nur als Verkettung unglücklicher Umstände.
  • Die Haltung des Gefühlsmenschen, der seine Angst wahrnimmt, die Angst um das eigene Leben und die eigenen Gesundheit ebenso wie die Angst um Leben und Gesundheit seiner Kinder oder der Menschheit als Gattung. Der Gefühlsmensch spaltet seine Ängste nicht ab und versucht sie wegzurationalisieren, sondern er versucht, die Angst als Motiv korrigierender Haltung und Handlung zu nutzen. Der Gefühlsmensch weiß, dass menschliches Handeln nie rein rational funktioniert (was übrigens die moderne Gehirnforschung auch weiß, nur die Entscheider nicht), und von daher der Faktor der menschlichen Fehlbarkeit immer ein reales Risiko bei derart gefährlichen Technologien wie der Atomenergie darstellt.
Gut, ich gestehe, ich bin ein Gefühlsmensch. War es schon immer. Ich habe schon nach Harrisburg gegen die Atomenergie demonstriert, nach Tschernobyl erst recht. Dass ich heute wieder auf die Straße gehe, ist selbstverständlich. Jeder, der ehrlich mit sich selbst ist und um die Unberechenbarkeit der Gefühle und Stimmungen in sich weiß, jeder, der nicht der Fata Morgana verfallen ist, im Menschen eine perfekte rationale Maschine zu halluzinieren, sollte sich einreihen in ein Aufbegehren gegen diese unbeherrschbare todessehnsüchtige Technik.

Samstag, 5. März 2011

DIE METAPHYSISCHE SEHNSUCHT UND DER FREIHERR

Obwohl es eigentlich wenig mit den zentralen Themen dieses Blogs zu tun hat, kann ich nicht umhin, noch mal ein kleines Bisschen meines Senfs der erregten Debatte um unsere kürzlich zurückgetretene politische Lichtgestalt zuzufügen.
Allein ausgehend von der Präsenz des Themas im Internet werden hier zwei gegenläufige Trends sichtbar:
  • Die eine Tendenz, die sich empört und engagiert hat, richtig mit Arbeit, nämlich die fragliche Dissertation einer genauen Prüfung zu unterziehen. Denen sei an dieser Stelle mein Dank ausgesprochen, denn diese Leute haben daran gearbeitet, fleißig und konkret, die Propaganda auf den Boden der Fakten zu befördern. Diese Leute haben dafür gekämpft und es mit wissenschaftlicher Akribie verstanden, die Ehre der Wissenschaft zu retten.
  • Die andere Tendenz, engagiert und mit großem Zulauf im Internet, sind diejenigen, die in Karl-Theodor zu Guttenberg nach wie vor den Hoffnungsträger sehen und auch nach seinem Rücktritt lautstark die Ungerechtigkeit der Welt beklagen, dass diese Lichtgestalt der Politik für einige Zeit nun in der Versenkung verschwinden muss.
Das Ganze gleicht schon zwei Lagern, geistigen Bürgerkriegsparteien, die sich unversöhnlich gegenüber stehen. Der Freiherr scheint zur Glaubensfrage geworden zu sein. Um welchen Glauben geht es hier?
Um den Glauben an das Licht, an Lichtgestalten, an Reinheit, an edle Ethik … in dieser geistig dunklen Zeit drückt dies vielleicht die verborgene spirituelle Sehnsucht vieler Menschen aus – bei den einen geht es darum, das Licht, die edle Ethik der Wissenschaft zu bewahren oder wiederherzustellen, ihre Glaubwürdigkeit zu schützen. Bei den anderen gilt das gleiche für den Bereich der Politik, auch sie wollen glauben, dass es Licht, edle Ethik und Lichtgestalten geben kann in diesem Haifischbecken.
Die Wahrheit ist: es gibt weder Licht noch edle Freiherrn, weder in der Wissenschaft noch in der Politik. Aber die spirituelle Verarmung unserer Kultur lässt die metaphysische Sehnsucht der Menschen auf ganz eigenartigen Spielfelder erscheinen.