Mittwoch, 30. Dezember 2020

SEINSORIENTIERTE KÖRPERERFAHRUNG (278): Herz, Energie und Seele

foto: Darius Bashar via unsplash

Paul Pearsall diagnostizierte im Herzen das Kernelement unseres Wesens, verband so westliches und östliches Wissen über der Liebe, Physik und Metaphysik. Es war frappierend, die offenen Enden und Fragen, die ich seit Jahren in mir herumtrug, wurden mit einem Male verknüpft, kreierten eine neue Gestalt.

Die essentielle, liebende Natur des Menschen, bei Stern das »Kern-Selbst«, bei Balint die »primäre Liebe«, bei Reich der »biologische Kern«, verwiesen auf das Herz als »Herz« des Energiesystems.
Pearsall führte an, dass dieses menschliche Organ weit mehr als eine mechanische Pumpe darstellte. Er relativierte unser westliches gehirndominiertes Menschenbild mit seinem Modell der Kardioenergetik eindrucksvoll. So verwies er beispielsweise auf das eigenartige Phänomen, dass das elektromagnetische Feld (EMF) des Herzens sich erheblich stärker manifestiert als das des Gehirns:

»Das EMF des Herzens ist 5.000 mal stärker als das elektromagnetische Feld, das unser Gehirn erzeugt; es hat nicht nur eine ungeheure Kraft, sondern auch subtile, nichtlokale Effekte, die innerhalb dieser Energieform transportiert werden. Supraleitende Quanteninterferometer, Magnetokardiogramme und Magnetoenzephalogramme, die Magnetfelder außerhalb des Körpers messen, zeigen, dass unser Herz ein Magnetfeld von mehr als fünfzigtausend Femtoteslas erzeugt ..., verglichen mit weniger als zehn Femtoteslas, die das Gehirn zustande bringt.«(Pearsall, Paul (1999), S. 106)

Paul Pearsalls berichtete, dass seine Forschungen durch seine schwere Erkrankung ausgelöst wurden, bei der zum ersten Mal mit der Intelligenz und der heilenden Energie seines Herzens in Kontakt kam. Als Psychoneuroimmunologe mit einigen Jahrzehnten Berufserfahrung begann er sich für die Hintergründe zu interessieren.

Er gründete und leitete eine große psychiatrische Klinik, die sich auf Patienten mit Organverpflanzungen, insbesondere Herztransplantationen spezialisiert hatte, hielt Vorträge auf der ganzen Welt vor Transplantationsorganisationen, zeichnete Tiefeninterviews mit Dutzenden Organempfängern und Angehörigen auf.

Dabei stieß er auf verblüffende Phänomene, die auf einen grundlegenden Zusammenhang zwischen der physiologischen und psychologischen Beziehung, die ein Fremdherzempfänger entwickelte, verwiesen. Sein Buch ist voll von eindrucksvollen Beispielen. So beschrieb er beispielsweise:

»Bei meinen Herztransplantatempfängern fand keine Veränderung im Geruchs- oder Geschmackssinn statt, sondern eine Veränderung der Geruchs- und Geschmacksempfindungen (die Bedeutungen, die wir den Wahrnehmungen unseres Geruchs- und Geschmackssinns geben). Erinnerungen sind weit mehr als eine Gehirnszellenstimulation und Reaktionen unserer fünf grundlegenden Sinnesorgane. Sie sind ein Konvolut, das beinhaltet, wie unser Herz die Welt wahrnimmt, deutet, versteht und erlebt.

Alles, was wir jemals geschmeckt, gerochen, berührt, gehört und gesehen haben, wird vom Herzen in den inneren Info-Energiekreislauf eingeschleust, und die Herzzellen rufen aus diesen Wahrnehmungen energetische Erinnerungen an diese Begebenheiten ab. Es ist also nicht verwunderlich, dass mit einem neuen Herzen auch ganz neue Erinnerungen übertragen werden.«(Pearsall, Paul (1999), S. 199)

Diese Hintergründe verdichteten sich zu der Grundannahme, dass
»das Herz der Haupterzeuger von Info-Energie [ist]. Das Herz sendet fortwährend info-energetische Signale mit einem bestimmten Muster aus, welche die Organ- und Zelltärigkeit im ganzen Körper  regulieren.«(Pearsall, Paul (1999), S. 39)

Die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen seiner Quellen verdeutlichten: Herz, Energie und Seele bildeten eine funktionelle Einheit. Profan, aber überzeugend untermauert, wurde die  Funktion des Herzens durch Hinweise aus unserer Körpersprache: Zeigte man doch auf seine Herzregion, und zwar kulturübergreifend, wenn man vom Selbst, von dem Sitz der Seele sprach. Wer deutete dabei schon auf seinen Kopf? Schenkten wir dem oder der Geliebten unser Gehirn oder unser Herz?

(Fortsetzung folgt)