Nun gibt es viele Liebeslehren (womit in der Regel eine
Lehre über die sexuelle Liebe gemeint ist), die Alternativen zu den o.a.
gängigen Standards anbieten. Häufig findet sich hier ein rein technisches
Verständnis des Sexualaktes. Liebeslehren dienen der Optimierung der „Liebestechnik“:
Varianten der Stellungen beim Liebesakt, Techniken zur Optimierung der
Erektionsfähigkeit, G-Punkt-Massage, Orgasmus-Verlängerungstechniken usw.
spielen eine bedeutende Rolle. Kurzum: hier finden sich nur schwerlich Hinweise
auf die Richtung zu einer befreiten Sexualität.
Dann gibt das breite Feld und Umfeld der Sexualforschung und
ihrer populärwissenschaftlichen Vermittlungen, denen man auf Schritt und Tritt
begegnet. Wann vergeht eine Woche, wo man nicht die neuste wissenschaftliche
Erkenntnis darüber erfährt, wie Männer oder Frauen sexuell funktionieren? Norm
und Normierung spielen eine ebenso auffällige Rolle wie die Suggestion eines Wissens,
wo man in Wahrheit Nichtwissen zu Schau trägt, ohne es zu wahrzunehmen.
Eines haben alle diese Versuche gemein: dass nämlich der Verstand
zu erfassen versucht, was im Sexuellen unter der Dominanz des Verstandes
geschieht. Diese Tautologie zieht nicht nur Wahllosigkeit, eine Flut von
belanglosen Informationen, sondern auch eine Verwirrung bei Autoren und Lesern
nach sich.
Es gibt auch Ausnahmen von dieser Regel. Eine dieser
Ausnahmen war Wilhelm Reich, der in seinem 1927 veröffentlichten Buch „Die
Funktion des Orgasmus“ zu 2 bahnbrechenden Erkenntnissen gelangte, die ich bis
heute für absolut zutreffend halte:
- Die sexuelle Störung ist die Regel und nicht die Ausnahme. Es existiert ein sexuelles Elend endemischen Ausmaßes.
- Der Orgasmus ist nicht allein ein genitales Phänomen, sondern ein ganzheitliches, körperlich wie seelisches Erleben, das eine fundamentale biologische Funktion besitzt.
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