Sonntag, 6. Dezember 2015

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (41): Von Liebeslehren und Wilhelm Reich



Nun gibt es viele Liebeslehren (womit in der Regel eine Lehre über die sexuelle Liebe gemeint ist), die Alternativen zu den o.a. gängigen Standards anbieten. Häufig findet sich hier ein rein technisches Verständnis des Sexualaktes. Liebeslehren dienen der Optimierung der „Liebestechnik“: Varianten der Stellungen beim Liebesakt, Techniken zur Optimierung der Erektionsfähigkeit, G-Punkt-Massage, Orgasmus-Verlängerungstechniken usw. spielen eine bedeutende Rolle. Kurzum: hier finden sich nur schwerlich Hinweise auf die Richtung zu einer befreiten Sexualität.

Dann gibt das breite Feld und Umfeld der Sexualforschung und ihrer populärwissenschaftlichen Vermittlungen, denen man auf Schritt und Tritt begegnet. Wann vergeht eine Woche, wo man nicht die neuste wissenschaftliche Erkenntnis darüber erfährt, wie Männer oder Frauen sexuell funktionieren? Norm und Normierung spielen eine ebenso auffällige Rolle wie die Suggestion eines Wissens, wo man in Wahrheit Nichtwissen zu Schau trägt, ohne es zu wahrzunehmen.

Eines haben alle diese Versuche gemein: dass nämlich der Verstand zu erfassen versucht, was im Sexuellen unter der Dominanz des Verstandes geschieht. Diese Tautologie zieht nicht nur Wahllosigkeit, eine Flut von belanglosen Informationen, sondern auch eine Verwirrung bei Autoren und Lesern nach sich.

Es gibt auch Ausnahmen von dieser Regel. Eine dieser Ausnahmen war Wilhelm Reich, der in seinem 1927 veröffentlichten Buch „Die Funktion des Orgasmus“ zu 2 bahnbrechenden Erkenntnissen gelangte, die ich bis heute für absolut zutreffend halte:

  • Die sexuelle Störung ist die Regel und nicht die Ausnahme. Es existiert ein sexuelles Elend endemischen Ausmaßes.
  • Der Orgasmus ist nicht allein ein genitales Phänomen, sondern ein ganzheitliches, körperlich wie seelisches Erleben, das eine fundamentale  biologische Funktion besitzt.
(Fortsetzung folgt)

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