Sonntag, 11. April 2021

SEINSORIENTIERTE KÖPERERFAHRUNG (280): Die Herrschaft des Gehirns und die Zerteilung der Wirklichkeit

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Nach den Erkenntnissen der Kardioenergetik sendete das Energiezentrum Herz Informationssignale höchster Intensität aus. Diese Informationsströme beeinflussten nicht nur den gesamten Organismus, sondern reichten weit über die eigenen Körpergrenzen hinaus. Pearsall stimmte mit Reich und Mesmer verblüffenderweise in der Feststellung überein, dass die Lebensenergie dem Prinzip der »Nichtlokalität« folgte.

»Nichtlokalität besagt, dass es in der winzigen, geschäftigen Welt mikrophysikalischer Erscheinungen, zu der auch die Körperzellen gehören, keine Barrieren gibt; dass die Zeit relativ ist; dass Masse, Energie und Information ein und dasselbe sind; dass Objekte, die einmal miteinander verbunden waren, bis in alle Ewigkeit info-energetische Erinnerungen an diese Verknüpfung bewahren; und dass eine Trennung, gleich welcher Art in der Welt, auf der menschlichen oder einer anderen Ebene, nur eine Sinnestäuschung ist.« (Pearsall, Paul (1999), S. 86)

Dieses Modell gab Antwort auf zahllose offene Fragen, erweiterte schlagartig meinen Blick auf unerklärte Phänomene. Mir fiel es wie Schuppen von den Augen: Die Fixierung auf das Gehirn ließ sich als kulturgeschichtliches Erbe interpretieren. Das Wilde, Unberechenbare des Herzens, seine Magie, Musik und Poesie, seine transzendente Kraft wiesen weit hinaus über den analytischen Blick einer abgespaltenen Rationalität, die das ordnende, quantifizierbare Menschenbild beherrschte.

In dieser Weltkonstruktion bedurfte es eines überlegenen Generals, einer vom Feldherrnhügel die Szenerie überschauenden Autorität, die alles nüchtern im Blick behielt und kontrollierte, einer Ordnungsmacht, der sich das Übrige unterzuordnen hatte: das Gehirn. Mit dem Gehirn einher ging die Heiligsprechung des Denkens, des Rationalen und die Abwertung all dessen, was nicht in dieser Ordnung entsprach.

Nur, dieses Bild vom Menschen war längst nicht das einzige, das in der Geschichte der Menschheit eine Rolle spielte. Es existierten Kulturen, deren intuitives Wissen und transzendente Weisheit über die menschliche Natur dem Modell der Kardioenergetik in vielem näher standen als die gehirndominierte westliche Lesart. Rationales Denken erfasste die Wirklichkeit auf analytische, also teilende, zerlegende Weise. Es zertrennte nicht nur Realität in ihrer Ganzheitlichkeit, sondern separierte auch das erkennende Subjekt vom betrachteten Objekt.

Damit wurden nicht nur die Mystik des Seelischen, sondern die Universen des Mysteriums, des Unerklärlichen, wundersamen und Wundervollen, einschließlich der menschlichen Sinne ihrer Wahrnehmung aus der Wirklichkeit vertrieben. Der Mensch verortete sich nicht länger als Teil der Schöpfung. Er avancierte zu ihrem Beherrscher, indem er seine Götter verbannte, mithilfe der modernen Wissenschaften die Metaebene und damit den Olymp eroberte. Sein analytischer Blick katapultierte ihn auf jenen Thron, auf dem in seiner gesamten Geschichte das Numinose saß.

Dort, wo das Herz seine Verbindung zum Wunder der Schöpfung nicht mehr fühlte oder dafür beschämt wurde, veränderte die menschliche Seele ihr Wesen. Wo vorher kindliche Neugier und Mana die Welt erfüllten, traten Forscherdrang und chirurgische Präzision auf den Plan, zerlegten die Welt, um sie eigennützig und eitel neu zusammenzusetzen.

(Fortsetzung folgt)

 

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