Auf die Frage nach den Wirkkräften im Therapeuten findet man
mehrere verbreitete Annahmen. Diese beziehen sich auf Faktoren, welche die
Qualität des Therapeuten und seiner Tätigkeit bestimmen:
- Sein therapeutisches Know-how, sprich: die Methode(n), die Qualität und Dauer seiner Ausbildung, seine akademischen und sonstigen Abschlüsse u. ä.
- Das Erfahrungspotential des Therapeuten: therapeutische Erfahrungen und Lebenserfahrungen, sein Alter usw.
- Seine besondere Persönlichkeit, sein Charisma, sein intuitives, energetisches Genie, etc.
Allen diesen Annahmen ist gemeinsam, dass sie den
Therapeuten als Entität, also losgelöst und unabhängig vom Klienten, setzen.
Sie enthalten die – grandiose – Vorstellung, dass ein
Therapeut, der bestimmte definierbare Voraussetzungen erfüllt, bei jedem
x-beliebigen Klienten die adäquate therapeutische Effizienz aufweist. Jeder,
der mit Menschen arbeitet, kann unschwer erkennen, wie praxis- und realitätsfern eine
derartige Vorstellung ist. Es gibt keine statischen und eindeutig
reproduzierbaren therapeutischen Techniken und Wirkkräfte, auch wenn das mechanistische Denken es noch so sehr wünscht.
Aber was ist es dann, was und weshalb ein Therapeut
effizient ist?
Wenden wir uns also einer anderen Gruppe von Erklärungsmodellen
für die dynamischen Wirkkräfte in der Person des Therapeuten zu.
- Die Kontakt- und Beziehungsfähigkeiten des Therapeuten sind entscheidend.
- Es sind seine Empathie, Sympathie, schlichtweg seine Liebesfähigkeit, die wirkt und heilt usw.
- Es ist sein Einfühlungsvermögen für die Probleme bestimmter Menschen.
Dieser zweiten Gruppe von Erklärungsmodellen ist gemeinsam,
dass sie den Therapeuten immer in Beziehung, in Beziehung mit dem Klienten
betrachten und nicht als isolierte Persönlichkeit, die aus dem eigenen Genius
tätig wird.
Man könnte als Zwischenergebnis also eine Aussage festhalten, die in
gleicher Weise für alle sozialen Beziehungen von Menschen, also auch für die
therapeutische Beziehung gilt: Ein Therapeut ist in seiner Tätigkeit so
effizient, wie die von ihm gestaltete Beziehung zum Klienten lebendig und
entwicklungsfördernd ist.
Die therapeutischen Ansätze, die auch die Vergangenheit, vornehmlich der Kindheit des Menschen mit einbeziehen, befassen sich mit den frühkindlichen Programmierungen, also mit
den Beziehungserfahrungen des Klienten in seiner Familie, insbesondere zu den Eltern. Auf diesem
Hintergrund könnte man die entsprechenden therapeutischen und transformativen
Prozesse auch als Prozesse korrigierender Beziehungserfahrungen
mit dem Therapeuten definieren.
Dies wiederum lässt den Schluss zu, dass in der Persönlichkeit des Therapeuten nicht nur eine gute, heilende Mutter und ein guter, heilender Vater gesucht wird, sondern auch gefunden werden sollte.
(Fortsetzung folgt)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen