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Das, was durch diese Informationsübertragung auf der körperlich-seelischen Ebene in Gestalt der Berührung eintritt, gilt dies entsprechend nicht auch auf der Beziehungsebene zwischen Menschen, also in diesem Zusammenhang auch für alle psychotherapeutischen Methoden, die nicht mit dem Körper, sondern mit Worten arbeiten? Ist nicht jene Berührung, jene Berührtheit, die auf der seelischen Ebene stattfindet, das Pendent oderr idealerweise gar die Ergänzung zu einer liebevollen körperlichen Berührung?
Die entsprechende Hypothese würde lauten, dass das heilende Agens auch hier in der liebevollen Grundhaltung und Zuwendung des Psychotherapeuten und nicht in seinen dezidierten technischen Fertigkeiten zu orten wäre. Kurz gesagt, dass es die Beziehungsebene ist, die das Potential von heilender Erfahrung repräsentiert und nicht so sehr die technische oder analytische Brillanz eines Therapeuten.
Tatsächlich finden sich diese kontroversen Standorte immer wieder in der Geschichte der Psychotherapie. Denken wir beispielsweise an die Kontroverse zwischen Freud und Sandor Ferenczi, der es wagte, das Abstinenzgebot der Psychoanalyse durch offensive »mütterliche Berührungen« zu überwinden. Denken wir an Wilhelm Reich, der die körpertherapeutische Berührung zum Standard seiner »charakteranalytischen Vegetotherapie« erhob und den Körper damit zum Beziehungsobjekt seiner analytischen Praxis machte.
Denken wir an Carl Rogers als Begründer der »klientenzentrierten Gesprächstherapie« und an seine anderen Mitstreiter aus der humanistischen Psychologie, die sich um genau dieses Faktors der Empathie willen vom damaligen psychotherapeutischen Diskurs abgrenzten und eine 4. Psychologie begründeten. Denken wir an Heinz Kohut, der mit seiner auf Zuwendung basierenden Selbstpsychologie einen Kontrapunkt zur technisch-analytischen Brillanz eines Otto Kernberg bildete. Diese Reihe der Kontroversen zwischen empathie- und verstandesorientierter Psychotherapie ließe sich noch eine Weile fortsetzen.
(Fortsetzung folgt)
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