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Die traditionelle, auf Wilhelm Reich zurückgehende körpertherapeutische Herangehensweise bei der Arbeit mit chronischen Muskelspannungen richtet sich auf eine Verstärkung dieser Spannungen. Mithilfe einer vertieften Atmung wird das organismische Ladungsniveau und die körperliche Spannung so weit erhöht, so dass durch gezielten Druck auf die hypertonischen Muskelansätze sich die Rigiditäten spontan lösen. Es kommt zu einer bio-energetischen „Entladung“.
Als Resultat dieser Entladung verändert sich der Muskeltonus spürbar in Richtung Entspannung, gewinnt an Pulsationsfähigkeit, die u. a. in Zittern, Strömungsempfindungen und klonischen Zuckungen sichtbar wird.
Reich fasste diese Phänomene in seiner »Spannungs-Ladungs-Formel« zusammen: Mechanische Spannung – energetische Ladung – energetische Entladung – mechanische Entspannung.
Bei dieser klassischen vegetotherapeutischen Herangehensweisen in der Tradition von Wilhelm Reich ergeben sich folgende strukturelle Probleme: Der gezielte Druck auf den Muskelansatz kann, reziprok zur Intensivität dieser Intervention, den muskulären Widerstand verlagern, auf eine tiefere Ebene verschieben oder an anderer Stelle wieder aufbauen. Das bedeutet, dass derartige Interventionen einer wiederholten, manchmal jahrelangen Anwendung bedürfen, um diesen Tendenzen entgegenzuarbeiten.
Zudem gewinnt und verstärkt der gesamte Vorgang, deutlich auch in seiner punktuell martialischen Terminologie (»Durchbruch«, »Panzer« etc.), seine therapeutenzentrierten und invasiven Eigenschaften, die bereits in der schulmedizinischen Tradition und dem darauf basierenden Setting begründet sind.
Desorganisierung und Reorganisierung des organismischen Haltesystems (der „Panzerung“) geschieht im Geiste einer Interventionsstrategie, die am Machen, am Arbeiten, an technischen Herangehensweisen angelehnt ist. Der Körpertherapeut in der Traditionslienie von Wilhelm Reich »entpanzert« die Körper. Er »macht« Panzer weg. Er ist Macher. Verfügt über die Macht, welche die Macht des Machers ist, Macht über Körper und Seele des Klienten auszuüben. Dass sich hieraus eine ganze Reihe von übertragungsspezifischen Problemen ableitet, dürfte naheliegen.
(Fortsetzung folgt)
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