Donnerstag, 10. November 2016

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (127): Desorganisierung und Reorganisierung der Körperseele

Foto: vkd

Die seinsorientierte Körpertherapie interpretiert Blockaden, Rigidisierungen, Versteifungen des Körpers und der Seele als Funktionen des Selbst-Halts.

Die Rigiditäten und die energetische Erstarrung des Körpers auf der muskulären Ebene fasste bekanntlich der Begründer der ganzheitlichen Körpertherapie, Wilhelm Reich, unter dem Begriff des »Körperpanzers« zusammen.

Rigiditäten im Bereich des Seelischen und des Verhaltens bezeichnete Reich als »Charakterpanzer«. Beide Aspekte lassen sich als Erscheinungsebenen des gleichen energetischen Funktionsprinzips interpretieren, wobei Reichs grundlegender Fokus der Blockierung der lustvollen Erregungsströme im Organismus, der Blockierung von Lust schlechthin galt.

Wenn beispielsweise beim Säugling die lustvollen konvulsivischen Erregungsströme des oralen Orgasmus gehemmt werden, dann geschieht dies u. a. durch Anspannungen in der Masseter- und Mundboden-Muskulatur sowie weiterer muskulärer Funktionsbereiche des Körpers.

Durch welche Umstände wird nun ein derartiges Phänomen ausgelöst?

Die seinsorientierte Körpertherapie vertritt die These, dass, um bei diesem Beispiel zu bleiben, die Mutter im Stillkontakt nicht in der Lage ist, der lustvollen Erregung des Säuglings den notwendigen Halt zu geben, z. B. indem sie sich auf den Säugling in entspannter, liebevoller Präsenz einstimmt und sich der Situation hingibt.

Eine sichere Halterfahrung, in der sich ein Säugling geborgen und liebevoll angenommen fühlt, repräsentiert eine ganzheitliche Erfahrung, einen vollständigen Kontakt auf der körperlichen und seelischen Ebene. Ich verweise auf meine Ausführungen zum Kontaktprozess mit den Elementen Zuwendung, Einstimmung und Gefühlsanklang in den vorangegangenen Abschnitten.

Stress, Leistungs- und Erwartungsdruck sowie zwanghaftes Interpretieren stellen auf Seiten der Mutter häufige Ursachen einer Kontaktstörung zwischen Mutter und Kind in vielen Situationen dar.

Der Säugling erlebt auf diese Weise prägende Erfahrungen bio-emotionaler Haltlosigkeit.


(Fortsetzung folgt)

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