Montag, 10. August 2015

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (26)


Diese Fremdheit pränataler Erfahrungen gestaltet sich aus dem Unterschied zwischen den realen pränatalen Erfahrungen des Fötus zu seinen biologischen Programmen und Erwartungen, die seit Hunderttausenden von Jahren in der Phylogenese (der stammesgeschichtlichen Entwicklung der Spezies Mensch) repräsentiert sind und sich in der Ontogenese (der Entwicklung des Individuums) wiederholen. Gleichermaßen könnten wir hier von einem Konflikt zwischen dem transpersonalen und dem personalen Herzcode sprechen.

Denn in diesem zeigt sich ein weites Spektrum grundlegender Erwartungen verankert, biologische „Programme“, die den grundlegenden bio-emotionalen Mustern des Menschen entsprechen: Dazu zähle ich das gesamte Spektrum des menschlichen Gefühlslebens, das seit Jahrtausenden transkulturell zur Grundausstattung des Menschen gehören, grundlegende Gefühle also wie Angst, Trauer, Wut, Schmerz usw.

Diese bilden sich im Kern bereits in der pränatalen Lebensphase, sind im transpersonalen Herzcode angelegt und stehen dem Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt zur Verfügung. Das Neugeborenen schreit nicht einfach so, sondern in diesem Schreien sind bereits konkrete emotionale Botschaften enthalten.

Ein lebendiges Gefühlserleben der Mutter, soweit es diesem transpersonalen Herzcode entspricht, wird keine problematischen Wirkungen auf die pränatale Lebensumwelt des Fötus zeitigen. Im Gegenteil: Da es dem bio-emotionalen „Programm“ des Fötus entspricht, wird das lebendige Gefühlsleben der Mutter eher als Ganzheits- und Verbundenheitserfahrung erlebt werden.

Anders verhält es sich in den oben erwähnten Beispielen, auf die ich zurückkommen möchte:

   Eine chronisch panische, in ihrem Selbst fragmentierte Schwangere oder eine Schwangere, die ihre Mitte verloren hat, und mit Zwangsgrübeleien beschäftigt ist, überflutet den Fötus mit Informationen, die ihm und seinen biologischen Programmen fremd erscheinen müssen. Wohlgemerkt, ich spreche hier nicht von punktuellen Stimmungen der Schwangeren, sondern von einem chronischen Zustand, einem Seinszustand. Die Dosis, die Quantität stellt sich hier als der entscheidende Faktor dar.

  Die auf einem durchgängig hohen Stresslevel existierende mütterliche Lebensumwelt beschreibt hingegen eine qualitative Fremdheit organismischer Informationen, die in die pränatale Lebensumwelt einwirken.
Denn chronischer Stress ist im Grunde kein Element der transpersonalen Herzcode-Informationen, kein Gefühl, keine Emotion, die im bio-emotionalen Programm des werdenden Menschen angelegt ist. Chronischer Stress ist eine kulturelle „Errungenschaft“, die in ihrer Wirkung eher gesellschaftlichen als biologischen Realitäten geschuldet ist. Damit unterscheidet sich der moderne Lebensstil des chronischen Gehetzt Seins von vorübergehender Anstrengung und Belastung, z. B. in gefahrvollen Lebenssituationen.

(Fortsetzung folgt)

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