Die pränatale Erfahrungswelt von Fremdheit könnte die Basis von Entfremdungserfahrungen bilden, die in der
postnatalen Entwicklung sich weiterhin herausbilden werden. Entfremdung lässt
sich charakterisieren als eine Überflutung der organismischen Wahrheit des sich
entwickelnden Lebens mit Informationen, auf die sie nicht vorbereitet ist.
Informationen, auf die es, wie erwähnt, nur zwei Reaktionsmöglichkeiten gibt: Anpassung
oder Rückzug / Erstarrung.
Stellen wir uns eine Situation vor, in der zwei Tanzpartner
harmonisch zur Musik (der Lebensumwelt) tanzen – wobei die Tanzpartner in
diesem Bild die Herzcode-Informationen von Mutter und Fötus wären – und dann
eine andere, in welcher die Musik plötzlich arrhythmisch und disharmonisch erklingt,
so dass die Tänzer aus dem Tritt kommen; die Tänzer werden zunächst versuchen,
sich dem chaotischen Rhythmus anzupassen, dabei jedoch bald ihren gemeinsamen
Rhythmus verlieren und schlussendlich, jeder für sich, aufgeben und in ihrer
Bewegung erstarren.
Diese Erstarrung ähnelt dem, was Wilhelm Reich als angstvollen „Rückzug
von der Welt“ beschrieben hat. Reichs besonderes Augenmerk galt bekanntlich den
körperlichen Blockaden des Energieflusses im Menschen. Er schreibt:
[Pelvic
armor precludes adequate orgastic discharge, reduces vitality of the genital
organs, and thus impedes full bioenergetic functioning of the fetus. In
addition, it renders the total emotional system more vulnerable to strains and
stresses of family difficulties, pregnancy disorders, and the delivery itself.]
„Beckenpanzerung schließt angemessene orgastische Entladung
aus, reduziert die Vitalität der Genitalorgane und behindert das volle
bioenergetische Funktionieren des Foetus. Darüber hinaus macht es das ganze
emotionale System verletzbarer für Belastungen und Stress aus familiären
Schwierigkeiten, Schwangerschaftserkrankungen und die Geburt selbst.“ [Reich
1983, S. 90f.]
Reich betont hier die chronische, die charakterliche
Konstitution der Mutter, welche entsprechend Einwirkungen nach sich zieht.
Dieses Modell verbreitet allerdings wenig Optimismus: Ist das Becken gepanzert,
dann erscheint es als unveränderliches Schicksal, es sei denn, die Mutter findet
Wege einer Lösung ihres Beckenpanzers.
(Fortsetzung folgt)
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