Ein Kollege schilderte mir in einem Gespräch über dieses
Thema folgende eindrucksvolle Erfahrung:
In einer bestimmten Phase zwischen dem 2-3 Schwangerschaftsmonat
hatten er und seine Frau intensive Diskussionen darüber, ob das Kind
ausgetragen werden sollte oder nicht. Nach einigen Wochen waren diese
Auseinandersetzungen abgeschlossen. Beide Elternteile hatten, auch emotional, zu
einem klaren Ja zu dem Kind gefunden. Die weitere Entwicklung verlief unauffällig. In den späteren
Lebensjahren jedoch entwickelte dieses Kind, im Gegensatz zu seinen
Geschwistern, Symptome der Unsicherheit in der Selbstbeziehung und dramatische Lernstörungen.
Eine daran anschließende therapeutische Behandlung des Kindes im Alter von 9
Jahren brauchte ein tiefes verborgenes Lebensgefühl existentieller Unsicherheit
zum Vorschein, das nach entsprechender Bondingarbeit aufgelöst werden konnte.
Auf dem Hintergrund unseres Modells der Herzcode-Information
mag in diesem Beispiel deutlich werden, wie prägend solche Informationen in der
pränatalen Entwicklung sein können.
Daraus ergibt sich eine anschließende Frage: Unter welchen
Voraussetzungen vermitteln sich diese Informationen? Löst eine depressive Episode
in der Schwangerschaft bereits eine solche individuelle Prägung aus? Hat ein
kritisches Aufwallen von Hassgefühlen gegenüber dem Fötus in einem Streit mit
dem Partner bleibende Wirkungen auf das frühe Selbstsystem?
Zur Beantwortung solcher Fragen muss ich ein wenig ausholen.
Es gilt, das Spezifische der pränatalen Lebensumwelt zu verstehen, und hier
möchte ich die Gesamtheit der Empfindungen anführen, welche auf die
Leibesfrucht einwirken.
Die Empfindungsebene beschreibt das Hintergrundrauschen, aus
dem sich die Gestaltungen der Gefühle und Emotionen heraus differenzieren. Diese
Empfindungsebene bezeichnet im pränatalen Leben das, was immer da, immer
vorhanden, immer präsent ist. Ein Ozean im Herzschlag seiner rhythmischen
Bewegungen, voller Tiefe und Vielfalt des Lebendigen, zudem, wenn man so will,
pränatales Fruchtwasser, rauschende (Blut)Strömungen in unterschiedlicher
Intensität und Temperatur.
Dieser pränatale Empfindungsraum ist kein transpersonaler
Paradieszustand an sich, wie mythologische Konzepte glauben lassen. Er ist ein
Paradieszustand im Kern, der durchaus zur Hölle einer Wüste oder Eiswüste
werden kann. Etwa, wenn der Strom der Herzcode-Informationen, der sich über den
äußeren Raum des elterlichen Systems vermittelt, der Natur der organismischen
Wahrheit des Fötus in überwältigender Weise als fremd oder sogar als bedrohlich
gegenüber tritt.
(Fortsetzung folgt)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen