Achtsamkeit, die sich nach innen, auf den eigenen Gefühls-
und Gedankenfluss richtet, stellt gerade auch deshalb eine schwierige Übung
dar, weil wir in einer Kultur leben, die endemisch nach außen und auf das
Äußerliche gerichtet erscheint. Achtsamkeit nach innen gilt es in dieser
lärmenden und mit Reizen überflutenden Wirklichkeit zu lernen. Die Widerstände,
das Unbehagen, die vehemente Abwehr dagegen bilden die Schutzmechanismen eines
neurotischen Gleichgewichts, das sich vor der Wahrheit fürchtet.
Denn die Ergebnisse könnten erschreckend sein. Erschrecken
könnten die Zwanghaftigkeit und der Aufwand, mit dem das Ego wie ein getuntes
Auto im Leerlauf immer wieder versucht, das eigene fragile Ego, die eigene
Sicht auf die Welt aufzuwerten und zu behaupten. In heroischer Pose versucht so
das Ego jener Held des eigenen Lebens zu werden, das die Helden und Sieger in
der medialen Wirklichkeit vorbeten.
Die innerseelischen Mechanismen machen deutlich, wie
umfänglich gefangen und geprägt der heutige Mensch wird durch die Unbewusstheit
dessen, was die Gehirnwäsche der Spiegelungsrituale, die ständig auf das
Seelenleben einwirken, anrichten. Gerade die gebetsmühlenartige Wiederholung
der immer gleichen Botschaften im Medienkonsum jeder Art, aber auch im Sozialverhalten
der Menschen in der Umgebung von Arbeitsplatz und Familie machen es schwer,
eine Metaebene der inneren Achtsamkeit zu entwickeln und aufrecht zu erhalten.
Sind es doch gerade diese Inseln der Stille, der meditativen
und kontemplativen Innenschau, die eine Voraussetzung bilden, die Gedanken- und
Gefühlsströme der Spiegelungssucht wahrzunehmen.
Die Herausforderung besteht darin, einmal nicht mit irgendetwas beschäftigt zu
sein, den Computer oder das Smartphone einmal auszuschalten, keine Arbeit oder
Beschäftigung dazu zu benutzen, sich beschäftigt oder wichtig zu fühlen. Was
geschieht eigentlich, wenn ich NICHTS tue, einfach nur da bin?
Das ist der Ort, an dem die Reise nach innen, die Reise zu
mir selbst erst beginnen kann. Das ist der Ort, an dem ich beginnen kann, mich
selbst kennen zu lernen, zu erfahren, wer ich wirklich bin, was das Selbst und
das Fremde in mir ist, das geliebte und das ungeliebte, das Abhängige und
Unabhängige.
(Fortsetzung folgt)
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