Mittwoch, 24. Februar 2016

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (68): Von der gelebten Tiefe zur Bindung

In einer lebendigen Liebesbeziehung reproduziert sich diese Tiefe immer wieder neu, führt zur Vertiefung der Bindung und schließt den Bereich der Sexualität ein. Die Sexualität in Liebesbeziehungen kann so das Spektrum eines wahrhaftigen Kontaktes, eines Kontakts auf der Herzebene erweitern, aber nicht ersetzen. Denn Tiefe, Wahrhaftigkeit und Liebe finden wir auch in anderen Bereichen von Beziehung zwischen Menschen, in denen der Aspekt gelebter Sexualität ausgeschlossen ist: Mutterliebe, Vaterliebe, spirituelle Liebe, Freundschaft, Übertragungsliebe usw.

Von Bedeutung in diesem Zusammenhang ist auch die Pulsationsfähigkeit eines Menschen zwischen Herzverbindung nach innen (Selbstbeziehung) und Herzverbindung nach außen (Objektbeziehung). Festzuhalten bleibt, dass wir hier natürlich mit Verzerrungen der ursprünglichen Liebesimpulse zu  tun haben, die sich im Verhalten eines Menschen zeigen.

Energetisch betrachtet gehen Selbstbeziehungsdefizite genau wie Objektbeziehungsdefizite mit Störungen in dieser Pulsationsfähigkeit einher. Ein Mensch kann z. B. in seinem Umgang mit anderen Menschen durchaus warmherzige Seiten zeigen und dabei gleichzeitig im Kontakt mit sich selbst in hohem Maße von Selbstverleugnung, Autoaggression oder sogar  Selbstvernachlässigung geprägt sein (dies kann man häufig bei oralen Prozessen oder in Verbindung mit sog. „Helfersyndromen“ vorfinden).

Umgekehrt können wir in narzisstischen Prozessen beobachten, dass die Beziehung nach innen deutlich stärker ausgeprägt ist und egomanische und egozentrische Formen annehmen kann. Gepaart ist dieses Beziehungsmuster mit einer Gleichgültigkeit gegenüber denjenigen Menschen, die nicht als Claqueure des grandiosen Selbstbildes, sondern als eigenständige Persönlichkeiten auftreten und denen der Narzisst dann häufig mit destruktiver Wut oder kalter Distanz gegenübertritt. Auch hier findet sich auf der herzenergetischen Ebene ein frappantes Ungleichgewicht.

Selbstbeziehung, Objektbeziehung und die Balance zwischen diesen Polaritäten werden so diagnostisch und therapeutisch bedeutsam.

(Fortsetzung folgt)
 

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