Samstag, 2. Januar 2016

SEINORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (50): Beziehungsstörungen zwischen Bewusstsein und Gefühlsleben


Zeigt sich die Beziehung zwischen Gefühlsleben und Bewusstsein als grundlegend gestört, wie es z. B. bei schizoiden Prozessen der Fall ist, dann ist die Stimme des Herzens ebenso sprachlos wie die Stimme des Gefühlslebens überhaupt.Bei schizoiden Prozessen wird eine auffällige Trennung zwischen Kopf und Gefühl in der Persönlichkeitsstruktur offensichtlich, ähnliches gilt auch für  narzisstische Prozesse, bei denen die innere Leere zu einem Übermaß an äußeren Spiegelungsbedürfnissen führt (dazu später mehr).

In beiden Fällen ist und bleibt das Gefühlsleben abgespalten und unzugänglich, steht als informelles System dem Ich nicht zur Verfügung, das sich typischerweise auf der Ebene des Denkens verliert.

Körperlich manifestiert sich dieses Persönlichkeitsmuster in ausgeprägten Blockierungen in den obenliegenden Körpersegmenten (bei Schizoiden v. a. im Kopf- und Nackenbereich), die mit der umfassenden Abspaltung der energetischen Pulsation im übrigen Körper einher geht.

Auf diesem Hintergrund verstehen wir den häufig verwirrenden, struktur- und bodenlosen, nur scheinbar logische Diskurs von Menschen mit schizoiden Persönlichkeitsanteilen, der im Grunde haltlos ist. Haltlos, weil er nicht in einem lebendigen Kontakt zu seinem inneren Gefühlsleben geerdet ist.

Eine andere Variante dieses Phänomens finden wir bei hysterischen Prozessen. Im hysterischen Persönlichkeitsmuster zeigt sich die starke Tendenz zu hoher emotionaler Erregungsfähigkeit. Das Gefühlsleben überflutet mit seinen Informationen das Ich. Es entlädt sich ein Übermaß an Emotionalität, das sich auf hohem Erregungsniveau dramatisch entlädt und diffudiert. Auch in diesem Fall wird das Gefühlsleben haltlos, denn der emotionale Ausdruck bleibt weitgehend unverbunden mit den inneren Empfindungen und Gefühlen. Der Hysteriker emotionalisiert, ohne zu fühlen, baut Erregung ab, ohne sie in sich halten und erden zu können.

Darüber hinaus und bei vielen anderen Persönlichkeitsmustern kann sich gegenüber der organismischen Wahrheit, der Grundausstattung des Gefühlslebens, eine beschämende, verachtende oder autoaggressive Selbstbeziehung charakterlich manifestieren und das Gefühlserleben prägen.

Im durchschnittlichen kulturellen Umgang des Menschen mit seinem individuellen Gefühlserleben finden wir ein einfaches Herrschaftsverhältnis des Gehirns, des Verstandes, der Kognition über die Gefühle. Das informelle System der Gefühle wird als weniger wichtig, ernst oder vertrauenswürdig erachtet als die Reflektionsebene des Verstandes. Oft traut man der Aussage einer Autorität mehr als den eigenen Gefühlen und der damit verbundenen Intuition. Der moderne Mensch schneidet sich damit aber tragischerweise von den biologischen Quellen und Ressourcen zur Bewältigung des Lebens und den Quellen seiner Lebendigkeit ab.

(Fortsetzung folgt)

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