Sonntag, 17. Januar 2016

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (58): Die zwecklose Suche nach Wahrheit im Außen

Innere Leere wird kompensiert durch eine Identität, die sich nach den vorgestellten  Blicken der Anderen richtet: Blicken der Anerkennung, zustimmendes Nicken, Bewunderung, Lob, kurzum, die Belohnung durch Spiegelung des Egos. Damit einhergehen häufig versteckte oder offene Grandiositätsphantasien. Beide bilden eine funktionale Einheit. Für beides ist das Individuum kulturell programmiert. So spielt es seine Rolle auf der Bühne seines Lebens. Eine Rolle, die auf ein einziges Ziel ausgerichtet ist: auf den Beifall.

Auf diesem Hintergrund zielt sein ganzes Bestreben dahin, diejenigen Claqueure zu finden und sich zu verpflichten, die seinen Monologen den angemessenen Beifall zollen.

Macht und Geld beweisen sich als Werkzeuge, um diese Ziele zu erreichen, deshalb ist die Gier nach Macht und Geld auch ein so starker Antrieb in der modernen Welt. Sie sind der Mörtel, um die Weltkonstruktionen des Ego-Verstandes zu festigen und als uneinnehmbare Burg zu gestalten und zu sichern. Macht und Geld, die Skalen der Geltung, werden von den Trägern und Leistungsträgern unserer Kultur als lebenslange Aufgabe wahrgenommen und umgesetzt.

Alle diese Verzerrungen der Beziehung zur inneren Wahrheit weisen eine weitere fatale Gemeinsamkeit auf: die Suche nach Wahrheit, Sicherheit, Heimat, Frieden, Liebe usw. bleibt in der Regel, d. h. in den kleinen persönlichen Beziehungsmustern und den großen gesellschaftlichen und historischen Zusammenhängen, auf das Außen, auf die äußere Welt gerichtet und somit eine verzweifelte, tragische und zwecklose Suche.

Diese Außenorientierung der menschlichen Identitätssuche repräsentiert jene Domestizierung der kindlichen Identität, die Wilhelm Reich als „charakterliche Panzerung“ beschrieben hat.

Da sich Identität heutzutage weitgehend in der äußeren Welt in Szene setzt, wird die Neigung des Individuums nachvollziehbar, sich in diesem Szenario als Opfer zu erleben … die Ursache seines Leidens am Leben, seiner Unzufriedenheit sucht es mit wechselnden Feindbildern in der Außenwelt, nie bei sich selbst, denn das hat es nicht gelernt. Was die innere Welt angeht, ist der moderne Mensch erschreckend unwissend, ein Analphabet.

(Fortsetzung folgt)

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