Hier, in den medialen Szenarien bieten sich die stets
gleichen Identifizierungen an und bilden damit das Glücksversprechen der Helden,
der Sieger, der Rächer, der Retter. Wichtig ist die Frau, die „perfekter“,
schöner ist als die andere, oder der Mann, der als erster durch das Ziel kommt
usw. Fast jeder Krimi, jedes Film- und Computerspielszenario, jedes soziale
Netzwerk reflektiert auf diese oder ähnliche Weise die Spiegelungsbedürfnisse
des Individuums.
So gibt es zwei Kategorien von Helden. Da ist einmal der traditionelle
Held, dessen besondere Eigenschaft in seinen übermenschlichen bis
quasi-göttlichen Fähigkeiten, seiner Großartigkeit auf einem oder mehreren
Gebieten zu finden ist. Dieser traditionelle Held, inzwischen auch durchaus
losgelöst vom Geschlecht des Protagonisten zeigt Stärke, Kraft, Durchhalte- und
setzungsvermögen, Klugheit usw., die alles überwindet. In diese Kategorie
gehören die seit Generationen bewunderten Helden, die, wie James Bond oder der Scientologe
mit der unmöglichen Mission, notorisch gleich die ganze Welt retten, oder –
bescheidener – sich auf Rache- oder Säuberungsaktionen gegen das Böse im
regionalen Umfeld oder Dienstbereich kümmern.
Die andere Kategorie von Helden ist ein historisches Novum
und ein Phänomen, das wesentlich durch das Internet hervorgebracht wurde: Der
Ruhm, in den sozialen Netzwerken spricht man euphemistisch von „Fame“, als wäre
das deutsche Wort Ruhm doch etwas peinlich, bildet die Antriebskraft des
Ego-dominierten Spiegelungsbedürfnisses. „Fame“ durch Tausende „Likes“ in den
sozialen Netzwerken repräsentiert die Sehnsucht des Helden von heute.
Es sind nicht die herausragende Tat oder die
quasi-göttlichen Eigenschaften, die hier zum Helden qualifizieren, sondern der
sichere Instinkt für das, was den
Massengeschmack an treffendsten widerspiegelt. Analog zu den Charaktermasken
von Politikern, Fernsehunterhaltern und sonstigen VIPs geht es heute allein um
die Kompatibilität mit den Massen und dem Massengeschmack.
Der Jugendliche mit eigenem YouTube-Kanal, der Superstar
oder das nächste Topmodell im TV, sie alle sind die Vorbilder und Idole in den Sehnsüchten
von Kindern und Jugendlichen auf der Suche nach Identität. Hier finden sich die
massenwirksamen Angebote, die den Heranwachsenden aus dem reichen Fundus unserer
Kultur kredenzt werden.
Die Helden unserer Epoche sind also jene hochglanzpolierten Projektionsflächen
für die Spiegelungswünsche der Mehrheit: die Eliten selbst (die es immer schon
waren) und die „Famer“, also jene meist jungen Menschen, die in den neuen
Medien zu Idolen werden, und sich als Karrierevorbilder für die Massen der
Heranwachsenden hervortun.
In beiden Heldensystemen hat das Verachtete und Beschämte,
das nicht berechenbare und nicht perfekte Seelenleben, das Numinose und
Profane, und manche andere Facette der
menschlichen Wahrheit keinen Platz. In ihren medialen Hochglanzwelten erscheint
alles als unwichtig, als nicht kompatibel, was der präsentierten Großartigkeit
zuwiderlaufen könnte.
So bleibt von unserer hochentwickelten Kultur nicht allzu
viel übrig, was der nächsten Generation übergeben wird, solange TV und PC die
einzigen Dialoggefährten für Kinder und Jugendliche sind und bleiben.
(Fortsetzung folgt)
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