In diesem profanen Detail steckt im Kern das Dilemma des
modernen Menschen: Er ist weitgehend vom inneren Grund der Seinsebene
abgeschnitten und damit von seinen bio-emotionalen Wurzeln. Er definiert sich
über und ist bestimmt von der gehirngesteuerten Ebene von Leistung und Arbeit
als Quelle einer Selbstakzeptanz, die das Gefäß seiner Sehnsucht niemals zu
füllen imstande ist. Wie sagte Freud noch so treffend: „Geld macht nicht
glücklich, denn Geld war kein Kinderwunsch.“.
Der moderne Mensch verharrt im Zustand der Selbst-Begrenzung,
bezogen auf das innere, nicht auf das äußere Potential. Äußerlich durchaus
erfolgreich und reich im doppelten Wortsinne, präsentiert er sich als Bettler
in seiner inneren, seelischen Existenz. Unwissend und unwillig in der Suche
nach sich selbst, zieht er es vor, seine Identität in den Symbolen der Warenwelt und des
sozialen Prestige finden zu wollen, ohne dadurch jemals seine innere Leere
füllen zu können. Er kann sie bestenfalls vorübergehend betäuben. Im Grunde bleibt er sich selbst zutiefst
fremd, ein Fremder im Land seiner eigenen seelischen und körperlichen Existenz.
Ein Fremder, der durch die Landschaft irrt, ohne zu wissen, wohin.
Je lärmender der Mensch vor der Begegnung mit der Stille,
vor sich und der leise gewordenen Stimme seines Herzens flieht, desto
abhängiger wird er von den Stimulantien seiner Umwelt. Es ist in diesem Kontext
auffällig, dass gerade die Produktion von Stimulation (Unterhaltungs- und
Informationsindustrie) in wachsendem Umfang die Ökonomien der modernen
Gesellschaft bestimmt.
Dass der moderne Mensch unter dem Phänomen dessen leidet,
das seit Hegel und Marx als „Entfremdung“ beschrieben wurde, ist nicht neu. In
dieser Traditionslinie der Entfremdungstheorien werden Diagnose und Therapie
gern im Bereich des Gesellschaftlichen gesucht. Wenn wir einmal von Begriffsbestimmungen
wie „Neurose“, „psychosomatisches Leiden“ und „Verhaltensstörung“ und anderen
pathologischen Definitionen absehen: Was sind eigentlich die Manifestationen der
„Entfremdung“ im Einzelnen? Wie kommt es
zu diesen?
(Fortsetzung folgt)
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