Halten wir fest, dass bei narzisstischen Störungen, ganz im
Gegensatz zu Psycho-, Charakter- und Übertragungsneurosen, ein grundlegendes Problem
darin besteht, dass der Klient sein Augenmerk auf seine Selbstbeziehungsebene richten kann. Seine„innere
Leere“ repräsentiert ja nichts anders als eine generelle Sprachlosigkeit
auf der Empfindungs- und Gefühlsebene. Die Stimme des inneren Kindes, des
Herzens oder der organismischen Wahrheit bleibt stumm.
So wird in diesen Fällen das Phänomen eines „innerseelischen
Bürgerkriegs“ erst gar nicht wahrgenommen, es existiert im Universum narzisstischer
Pathologie zunächst überhaupt nicht. Allerdings stellen solche Auffälligkeiten auch ein wertvolles
diagnostisches Kriterium für die Diagnose narzisstischer
Persönlichkeitsstörungen dar.
Im Abschnitt über die Praxis der Orgontik im letzten Teil dieser
Publikation werde ich mich den praktischen Konsequenzen zuwenden, welche Schlussfolgerungen
daraus für die körpertherapeutische
Praxis vorstellbar sind.
Die narzisstische Persönlichkeits- oder Verhaltensstörungen
sind nur Polaritäten einer Selbstentfremdung, die, wie bereits ausgeführt,
als Normalität des Selbsterlebens definiert werden kann. In abgeschwächter
Form finden wir die Anzeichen von Selbstentfremdung in jeder Charakterneurose
wieder. Es ist nur das subjektive Verhältnis zum inneren Leid, das Menschen der
Psychotherapie oder anderen Wegen von Selbstexploration zuführt.
Die meisten Patienten, die heute bei Fachleuten für
seelische Gesundheit Hilfe suchen – bei Psychoanalytikern, Psychiatern,
Psychologen, Sozialarbeitern, Gruppentherapeuten oder in Be- ratungsstellen -
leiden Selbststörungen, wie die Selbstpsychologen es nennen. Heute bekommt man
nur noch selten Patienten mit den typischen Symptomen einer klassischen
Psychoneurose zu sehen, wie sie von Freud beschrieben wurden. [Wolf 1998, S.
42]
(Fortsetzung folgt)
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