Mittwoch, 15. Juli 2015

SEINSORIENTIERTE KÖRPERTHERAPIE (16)



Halten wir fest, dass bei narzisstischen Störungen, ganz im Gegensatz zu Psycho-, Charakter- und Übertragungsneurosen, ein grundlegendes Problem darin besteht, dass der Klient sein Augenmerk auf seine Selbstbeziehungsebene richten kann. Seine„innere Leere“ repräsentiert ja nichts anders als eine generelle Sprachlosigkeit auf der Empfindungs- und Gefühlsebene. Die Stimme des inneren Kindes, des Herzens oder der organismischen Wahrheit bleibt stumm.

So wird in diesen Fällen das Phänomen eines „innerseelischen Bürgerkriegs“ erst gar nicht wahrgenommen, es existiert im Universum narzisstischer Pathologie zunächst überhaupt nicht. Allerdings stellen solche Auffälligkeiten auch ein wertvolles diagnostisches Kriterium für die Diagnose narzisstischer Persönlichkeitsstörungen dar.

Im Abschnitt über die Praxis der Orgontik im letzten Teil dieser Publikation werde ich mich den praktischen Konsequenzen zuwenden, welche Schlussfolgerungen daraus für die körpertherapeutische  Praxis vorstellbar sind.

Die narzisstische Persönlichkeits- oder Verhaltensstörungen sind nur Polaritäten einer Selbstentfremdung, die, wie bereits ausgeführt, als Normalität des Selbsterlebens definiert werden kann. In abgeschwächter Form finden wir die Anzeichen von Selbstentfremdung in jeder Charakterneurose wieder. Es ist nur das subjektive Verhältnis zum inneren Leid, das Menschen der Psychotherapie oder anderen Wegen von Selbstexploration zuführt.

Die meisten Patienten, die heute bei Fachleuten für seelische Gesundheit Hilfe suchen – bei Psychoanalytikern, Psychiatern, Psychologen, Sozialarbeitern, Gruppentherapeuten oder in Be- ratungsstellen - leiden Selbststörungen, wie die Selbstpsychologen es nennen. Heute bekommt man nur noch selten Patienten mit den typischen Symptomen einer klassischen Psychoneurose zu sehen, wie sie von Freud beschrieben wurden. [Wolf 1998, S. 42]

(Fortsetzung folgt)
 

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